Verkehrslärm und Geschwindigkeiten

Wie abwägen?

Mit der knapps­ten Mehrheit von einer Stimme hat der Tettnanger Gemeinderat alle vor­ge­schla­ge­nen Maßnahmen im Entwurf des Lärmaktionsplanes abge­lehnt. Die SZ berich­te­te. Der Entwurf geht nun in die soge­nann­te Offenlage, in wel­cher Fachbehörden und Betroffene Stellungnahmen abge­ben kön­nen.

Die Wissenschaft gehe davon aus, so die Grünen im Stadtrat in einer Pressemitteilung, dass Menschen, die bei Tag oder Nacht Lärm über bestimm­ten Grenzwerten aus­ge­setzt sei­en, bei­spiels­wei­se ein um 20 % erhöh­tes Herzinfarktrisiko hät­ten. Deshalb regelt seit 2002 eine EU-Richtlinie euro­pa­weit ein­heit­lich die Reduzierung von Umgebungslärm. Der deut­sche Gesetzgeberist die­ser Verpflichtung 2006 mit dem Erlass einer Verordnung nach­ge­kom­men, deren Umsetzung Sache der Kommunen sei.

Tettnang habe, so die Grünen wei­ter, 2016 erst­mals einen Lärmaktionsplan ver­ab­schie­det, der alle fünf Jahre zu über­ar­bei­ten sei, was also schon 2021 ange­stan­den hät­te.
Die Ermittlung der Lärmbelastung beru­he – wie schon 2016 – auf vom Gesetzgeber vor­ge­schrie­be­nen Berechnungsmethoden, wel­che das Verkehrsaufkommen 2020 berück­sich­ti­ge, sowie die Bebauungssituation. Dabei wür­den gege­be­nen­falls auch ver­stär­kend wir­ken­de Mehrfachreflexionen berück­sich­tigt. Die so erstell­te Lärmkartierung zei­ge, dass ein erheb­li­cher Teil auch der Tettnanger Bürgerschaft „zwei­fel­los gesund­heits­ge­fähr­den­dem Lärm“ aus­ge­setzt sei.

Der Entwurf zur Fortschreibung des Lärmaktionsplanes schla­ge nun 11 kon­kre­te Maßnahmen zur Reduzierung der Geschwindigkeit des Verkehrs vor. Diese Maßnahmen böten für hun­der­te von Anwohnerinnen und Anwohnern eine Verbesserung der gesund­heits­kri­ti­schen Lärmbelastung ins­be­son­de­re bei Nacht. Gerade nachts, wenn die Lärmbelastung vor­ran­gig aus ein­zel­nen Vorbeifahrten beruh­ten, denen auch bei nied­ri­ge­ren Lärmwerten eine beson­de­re Bedeutung zukom­me, könn­ten durch die vor­ge­schla­ge­nen Maßnahmen Aufwachreaktionen und Schlafstörungen ver­mie­den oder doch redu­ziert werden.

Die lokal vor­ge­schla­ge­nen Geschwindigkeitsreduzierungen auf Tempo 30 wür­den die Fahrtzeiten ledig­lich um weni­ger als 10 Sekunden ver­län­gern, so die Grünen wei­ter, bei Umsetzung aller 11 Maßnahmen im Höchstfall 40 Sekunden in der Summe.

Ein von 50 auf 30 km/h redu­zier­tes Tempo wür­de, so die Pressemitteilung der Grünen, zu einer Lärmentlastung von 3 Dezibel füh­ren, was einer Halbierung des Lärms ent­sprä­che und wel­che ansons­ten nur durch eine Halbierung des Verkehrsaufkommens zu errei­chen wäre. 

Die Grünen im Tettnanger Stadtrat hof­fen und gehen davon aus, dass die Fachbehörden der pau­scha­len Ablehnung aller Maßnahmen durch die knap­pe Gemeinderatsmehrheit im Rahmen der öffent­li­chen Anhörung wider­spre­chen wer­den und dass sich im Tettnanger Stadtrat bei der Wiedervorlage des Lärmaktionsplanes eine Mehrheit für eine dif­fe­ren­zier­te Beratung und Beschlussfassung für Maßnahmen im Sinne der Gesundheitsfürsorge für die Tettnanger Bevölkerung fin­den möge.

Text: Hans Schöpf