Beiträge zur Diskussion in den kommunalen Gremien. Stellungnahme zum Teilregonalplan Energie (Mai 2024)
Wir müssen bis 2040 klimaneutral sein, das ist die gesetzliche Vorgabe (KlSchG, EE…). Der Gesetzgeber hat in Bundes- und Landesgesetzen den Ausbau der Erneuerbaren Energien gesetzlich vorgeschrieben, weil das im überragenden Interesse und der öffentlichen Sicherheit steht. Das ist folglich für uns alle eine verbindliche Verpflichtung, ob man Windräder und PV-Parks sehen möchte oder nicht. Die Energiewende ist das Kernstück der Klimaneutralität für deren Erreichen der Regionalverband 2% der Fläche, 1,8 für Windkraft und 0,2 für Photovoltaik ausweisen muss.
Das 2%-Ziel ist eine kollektive Aufgabe aller Beteiligten, im Land wie im Regionalverband. Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) hat das gesetzlich verankerte 1,8%- bzw. 0,2%-Ziel umgesetzt, indem er innerhalb der drei Landkreise Bodensee, Ravensburg, Sigmaringen die jeweils geeigneten Flächen nach beschlossenen Kriterien ausgewählt und fair verteilt hat. In einem Expertengremium, bei Sitzungen des Planungsausschusses und schließlich in der Verbandsversammlung ist das von allen Fraktionen einstimmig beschlossen worden.
Die GRÜNE Fraktion hat sich jeweils konstruktiv-kritisch eingebracht.
Die momentan festzustellende Absicht von Kommunen das 1,8/0,2-% Ziel nur auf die eigene Fläche zu beziehen, um sich von Windkraft- und PV-Anlagen zu „befreien“ geht in mehrerlei Hinsicht fehl:
- Erstens, weil das Ziel gesetzlich überregional definiert ist und nicht kommunal. „Kirchturmpolitik“ ist folglich ungesetzlich.
- Zweitens, weil es gilt Regionen, die zu wenig Windkraft aufweisen, mitzunehmen. Fläche für PV gibt es überall. Das gemeinsame Ziel ist, Gewerbe-, Industrie- Standorte zu sichern durch regionale Energieversorgung (zumindest größtenteils).
- Drittens, die regenerativen Energien sind unerschöpfliche Primärenergien ohne Abhängigkeiten. Fossile Energien und Kernkraft sind nicht unerschöpflich und führen zu Abhängigkeiten.
- Windkraft und Photovoltaik ergänzen sich. Aus beiden lässt sich Wasserstoff als Speicherenergie für besondere Anwendungen generieren. An die besonderen Bedürfnisse der Industrie gedacht, wäre es wertschöpfend, bei Überschuss von Wind- oder PV-Strom mit Elektrolyseuren im Gewerbepark Wasserstoff zu erzeugen, der zur Autonomie der Region beiträgt. Kein gutes Geschäft?
- Viertens, weil EE für die Standortsicherung wichtig sind. Die Industrie bleibt da, wo günstige regenerative Energie zur Verfügung stehen, Arbeitsplätze und Wohlstand werden gesichert.
Für das gemeinsame Klimaziel brauchen wir Windkraft, wo viel Wind ist (bevorzugt Wurzach, Allgäu, windhöffige Standorte überall), Agri-PV wo wenig Wind ist (Bodenseeregion), und überall Photovoltaik, weil wir die sonnenreichste Region des Landes sind.
- Klimaneutralität kann ein Markenzeichen sein, z.B. für Tourismusregionen (erstes klimaneutrales Kurbad…).
Klimaneutralität erreichen wir, wenn rund 5 GW Erneuerbare Energien installiert werden (1GW = 1000 MW = 1.000.000 KW). Dazu benötigen wir 1–1,5 GW Windkraft. 1–1,5 GW PV-Freifläche plus 2 GW Dachanlagen plus 1 GW Agri-PV. Wie man sieht, macht die Windkraft nur ca. 1/4 – 1/5 vom benötigten Klimaneutral-Bedarfs aus. Das sind rund 200 – 230 Windräder modernster Bauart. Eine solche WKA produziert mindestens 12.000 bis 14.000 kWh Strom im Jahr, das entspricht dem Bedarf von mindestens 3000 Haushalten. Die Haushalte beanspruchen davon nur ca. 15 %, mehr als die Hälfte (55 %) benötigen Gewerbe und Industrie und ca. 25% der Verkehr.
Die Grafik zeigt die Situation für 2040:
Quelle: BUND Studie; Bezug Agora Studie https://www.bund-stuttgart.de/fileadmin/bawue/Dokumente/Themen/Klima_und_Energie/BUND_Studie_klimaneutrale_Energieversorgung_Baden-Wuerttemberg_v8_MIT_DECKBLATT.pdf
Energiewende als große Chance:
Windkraft beansprucht die geringsten Flächen für sehr viel Energieertrag.
- Photovoltaik in der Fläche kann mit Biodiversitätsmaßnahmen kombiniert werden.
- Agri-PV ist eine Win-Win Situation für die Landwirtschaft.
Dach-PV bietet die enorme Chance den eigenen Strombedarf langfristig günstig zu generieren, für Haushalte wie für Firmen. Flächen sind genug vorhanden: Dächer, Parkplätze, Freiflächen, Fassaden…
- Aus der kommunale Abgabe von 0,2 Ct/kWh aus Windkraft- und PV-Projekten können kommunale bürgerschaftliche Projekte finanziert werden. Der Betrag lässt sich leicht aus den aufgeführten Zahlen errechnen.
- Bürgerbeteiligung ist möglich, Bürger können sich mit versch. Modellen an der Wertschöpfung beteiligen.
- Kommunenbeteiligung über Stadtwerke führen zu niedrigen Strompreisen für die Verbraucher und Anteilnahmen der Kommunen.
- Die Bauern können ihre Felder doppelt nutzen. Die bald wegfallende EEG-Vergütung für Biogas kann durch Pachtpreise ersetzt werden. Agri-PV ist eine Win-Win Situation für Landwirte.
In zurückliegenden Jahren haben wir in vielen großen und kleinen Schritten das Falsche getan.
Jetzt können wir in vielen großen und kleinen Schritten das Richtige tun.
—
Im KANT-Jahr sagt uns der kategorische Imperativ:
Klimaschutz ist Zukunftssicherung und Verantwortung für nachfolgende Generationen:
Es wäre vernünftig, wenn alle das täten. Dann sollte auch ich es tun.
(Original: “Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.”
Die Fraktion von links nach rechts (2019):
Franz Weber ÖDP RV; Dr. Matthias Klemm, BO; Hille Hertrampf-Fiegel, RV; Johannes Übelhör, BO; Ulrike Lenski, BO (Vorsitzende), Hans Steitz, BO; Dr. Ulrich Walz, Wangen (Vorsitzender); Martin Weiss, RV; Roswitha Pohnert, RV; Walter Widler, ÖDP RV; Jürgen Lang, RV; Helmut Bussmann, SIG; Ulrich Bauer, Wangen; Anna Pröbstle, SIG.
Quellen: z.B.
1) Windatlas Baden-Württemberg: https://udo.lubw.baden-wuerttemberg.de/projekte/pages/map/default/index.xhtml?mapId=74ad55f2-933b-4f3d-bacc-234cfcdb73f9&repositoryItemGlobalId=.Energieatlas+Baden‑W%C3%BCrttemberg.Wind.Windatlas.windatlas_160m.mml&mapSrs=EPSG%3A25832&mapExtent=554193.6385998843%2C5278851.4664070355%2C591901.8723649381%2C5316386.328982365
Hier lassen sich die wesentlichen Daten regional ablesen: mittlere gekappte Windgeschwindigkeit; mittlerer Jahresertrag…
2) https://www.ise.fraunhofer.de/de/geschaeftsfelder/solarkraftwerke-und-integrierte-photovoltaik/integrierte-photovoltaik/biodiversitaets-photovoltaik-biodiv-pv.html
https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/energie/erneuerbare-energien-energiewende/solarenergie/31385.html
https://www.naturschutz-energiewende.de/kompetenzzentrum/presse/pressemitteilungen/solarpaket-1-mindestkriterien-koennen-den-naturschutz-im-solarpark-staerken/
https://www.buergerenergiebodensee.de/projekte/solarpark-mooshof/
Mit Grünen Grüßen für eine nachhaltige Zukunft, die es zu gestalten gilt
Ulrike Lenski, Dr. Ulrich Walz, Mai 2024