Stellungnahme der Fraktion von B90/die Grünen zum Antrag der Verwaltung und der
Sitzungsvorlage am 22.11. im Gemeinderat zum Thema Migration.
Sehr geehrter Frau Bürgermeisterin Rist,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Kollegin und Kollegen im Gemeinderat Tettnang,
am 22.11.2023 wurde im GR Tettnang auf Basis einer Vorlage der Stadtverwaltung ein Beschluss gefasst und der Verwaltung ein Mandat erteilt Signale an die Landes- und Bundespolitik zu geben, dass die Stadt Tettnang bez. dem Thema Migration an ihrer „Belastungsgrenze“ angekommen sei. Zu diesem Vorgang, dem wir, die Fraktion von B90/Die Grünen nicht zustimmen konnten, teilen wir folgende Punkte in diesem offenen Brief mit:
- Die dem GR zur Verfügung gestellte Unterlage wurde in keinem Ausschuss vorbesprochen.
- Die Vorbereitungszeit für dieses sehr weitreichend und leider auch häufig sehr populistisch genutzte Thema sehen wir als deutlich zu kurz an, die angesetzte Dauer von 30min auf der Agenda betrachten wir für dieses Thema als nicht angemessen.
- Die vorgelegte Unterlage enthielt viele wichtige und auch für uns tragbare Aussagen, aber leider fehlten auch viele Dinge und es wurden Aussagen getroffen, die wir nicht mittragen können:
- Wir teilen die Auffassung, dass die Integration von Flüchtlingen eine immense Herausforderung für die Kommunen bez. Unterbringung, Erwerb der deutschen Sprache, Kinderbetreuung und Beschulung darstellt, aber auch die Integration in den Arbeitsmarkt!
- Leider fehlt der Unterlage die Klarheit zu Ursachen, dem Ukrainekrieg und andere weltweite Krisen und Bürgerkriege (Afghanistan, Syrien, …) als Auslöser der derzeitigen Situation.Eine Mut machende Alternative zur allgemeinen Stimmungslage zeigt, dass es auch anders geht: Eine Bericht der Sendung Monitor vom WDR (link Monitor-Beitrag vom WDR) der aufzeigt, welchen Weg eine kleine 6000-Seelen-Gemeinde “im Umgang mit geflüchteten Menschen geht und warum bei uns das Thema Asyl kein Problem ist bzw. keinem Angst macht“ (Zitat Bürgermeister Reischl).
- Wir teilen die Auffassung, dass die Integration von Flüchtlingen eine immense Herausforderung für die Kommunen bez. Unterbringung, Erwerb der deutschen Sprache, Kinderbetreuung und Beschulung darstellt, aber auch die Integration in den Arbeitsmarkt!
- Weiter teilen wir die Auffassung, dass es sich um die „wichtigste Aufgabe“ handelt und es eine „Mammutaufgabe“ ist, die „Dank des Neubaus der Anschlussunterkunft Im Loretoquartier bisher in TT gut bewältigt wurde“.
- Leider fehlt hier der Hinweis, dass in TT seit langem noch eine weitere OU/AU Unterkunft vorgesehen ist, die auf Beschlüsse in den Jahren 2018–2022 zurückgeht.Die „Belastungsgrenze“ ist bez. Unterbringung nach unserem Verständnis somit kein statischer Zustand, sondern eine Frage von Prioritäten, unserem Handeln und der weiteren Entwicklungen bei Flüchtlingen.
- Wir unterstützen absolut die Hinweise, dass bez. der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt Handlungsbedarf besteht: Hier gibt es für ganz Deutschland noch viel und dringenden Optimierungsbedarf.
- Wir hätten uns gewünscht, dass die Vorlage vom Gemeindetag einen Hinweis auf die Nachbarländer enthalten hätte, z.B. die Quote arbeitender Ukrainer in versch. Ländern: D 18%, NL 50%, DK 77%
Quelle: https://www.n‑tv.de/politik/Warum-arbeiten-Ukrainer-in-Deutschland-weniger-haeufig-als-anderswo-article24459918.htmlIn Sachsen werden Ukrainer:innen als Lehrer:innen von ukrainischen Kindern eingesetzt: Was schlägt der Gemeindetag für BW an Entbürokratisierung vor um die Integration geflüchteter Fachkräfte zu erleichtern?Wir sehen hier auch den wesentlichen Ansatzpunkt, um den bislang völlig unzureichenden Zuzug von gut ausgebildeten Fachkräften auch aus Nicht-Krisenregionen zu stimulieren, welche Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung zum Erhalt unser Wirtschaftsleistung dringend benötigt! Auch hier sei nochmal auf den WDR Beitrag in der Sendung Monitor als Leuchtturm verwiesen.
Wenig hilfreich sind hierbei eine leider häufig im öffentlichen Raum wahrnehmbare latente Ausländerfeindlichkeit, populistische Parolen und fehlende Integrationsunterstützung vor Ort.
Hierzu verweisen wir auch auf die Berichterstattung in den Medien auf die Reise und Werbetour unseres Bundesfinanzministers in Ghana:Christian Lindner wirbt in Ghana um Arbeitskräfte – Reaktion überrascht ihn selbst – Berliner Morgenpost
- Wir vermissen allerdings auch die Selbstreflexion in Tettnang zu der Frage: Was könnten wir bez. Integrationsarbeit noch verbessern?Wir würden uns wünschen, dass die Verwaltung und wir als GR uns für so ein Thema mehr Zeit nehmen als die 30min auf der Agenda der GR Sitzung des 22.11. und die 1 Woche Vorbereitungszeit für die Fraktionen.Wir würden die Fragen: Was hilft bei der Integration? Was können wir in Tettnang ändern und verbessern? sehr gerne in einer Sondersitzung im GR-Gremium zusammen mit Vertretern des Integrationsbeirates vertiefen und dann ggf. auch Punkte in Richtung Gemeindetag weitergeben.Wir sind sehr gespannt, ob wir in der kommenden Haushaltseinbringung Vorschläge der Verwaltung hierzu wiederfinden werden, z.B. bez. dem Bau der zurückgestellten OU/AU Unterkunft?Auch der Austausch mit einer Vorzeigekommune (s.o. WDR Beitrag „Monitor“) durch die Verwaltung wäre hier wünschenswert.
- Allerdings vermissen wir hier von der Verwaltung klare Aussagen, wo es denn in Tettnang konkret klemmt und sehr gerne Vorschläge, was wir vor Ort dagegen tun wollen?Wie viele zusätzliche Plätze oder Hilfskräfte für Sprachausbildung brauchen wir in welchem Teilort, an welcher Schule, …? Was ist im Haushalt der Stadt Tettnang für 2024 und/oder 2025 zu berücksichtigen?
- Ab welcher Schwere eines Verbrechens sind wir bereit, jemanden der straffällig wurde in ein Land zurückzuschicken, in dem diesem Menschen z.B. als Verfolgter die Todesstrafe droht?Wir sehen hier die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung und keine einfachen, pauschalen oder populistischen Lösungsansätze.
- Hierbei empfehlen wir die leider nicht nur lustige „Satire-Sendung aus der Anstalt“ vom 14.11., welche ein gutes Bild auf unseren Zustand in Deutschland in diesen Abläufen wirft: https://www.3sat.de/kabarett/die-anstalt/die-anstalt-vom-14-november-2023–100.html
- Wir hätten uns gewünscht, dass die Vorlage vom Gemeindetag einen Hinweis auf die Nachbarländer enthalten hätte, z.B. die Quote arbeitender Ukrainer in versch. Ländern: D 18%, NL 50%, DK 77%
- Auch wir sind für „Mehr Solidarität mit besonders betroffenen Mitgliedstaaten an den EU Außengrenzen“
- Im weiteren Verlauf der Vorlage treten hier jedoch Widersprüche auf und die Aussage, dass wir hier in BW an der Belastungsgrenze sind, sollte in Relation zu unseren Nachbarländern und anderen Bundesländern gestellt werden. Im Vergleich zu anderen Bundesländern lag BW Ende 2022 die Pro-Kopf Quote an Flüchtlingen aus der Ukraine bei 1,21% und lag damit auf Rang 12 der deutschen Bundesländer – s. Tabelle unten. Hier würden wir uns vom Gemeindetag und der Verwaltung eine aktuelle Darstellung wünschen, wenn „Migration und Belastungsgrenze in BW erreicht“ in kommunalen Gremien thematisiert wird. Leider waren keine aktuelleren Zahlen im Internet verfügbar, hier wären wir vom Gemeindetag BW sehr an aktuellen Vergleichszahlen interessiert.
- Quellen: % Zahlen ermittelt aus den Zahlenwerten der Internetquellen:
- Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Bundesländern 2023 | Statista
- Bevölkerung nach Nationalität und Bundesländern – Statistisches Bundesamt (destatis.de)
- Des Weiteren fehlt nach unserem Verständnis in der Vorlage der Verwaltung für diese Thematik auch der Blick auf unsere Nachbarländer, zu denen der Gemeindetag u.a. vorschlägt, als Sofortmaßnahme die „Begrenzung irregulärer Zuwanderung an Außengrenzen durch Grenzkontrollen an deutschen Außengrenzen“ einzuführen:Völlig unklar bleibt, welche Nachbarländer gemeint sind: Österreich? Italien? Polen? Tschechien? …?Für uns unverständlich ist auch, wie das zu einer „Solidarität mit besonders betroffenen EU Mitgliedstaaten“ passt, wie beispielsweise Italien (Bootsflüchtlinge) oder zu Tschechien, Polen und der Slowakei, die pro Einwohner deutlich mehr ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben als Deutschland: Ukrainer in Tschechien (10,5 Mio. Ew): 366T = 3,4%Polen (38 Mio. Ew): 959T = 2,5%Slowakei (5,4 Mio. Ew): 109T = 2,0%Deutschland (83,3 Mio. Ew): 1,114 Mio. = 1,3%Nicht zu vergessen die Binnenflüchtlinge in der Ukraine selbst: 3,7 Mio., sowie weitere 17,6 Mio. Einwohner die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.Quellenangaben:Einwohner der Länder Europas 2022 | StatistaAnzahl ukrainischer Flüchtlinge in EU-Staaten 2023 | StatistaUkrainische Flüchtlinge: Fakten und aktuelle Infos zur Lage (uno-fluechtlingshilfe.de)Hier sei abschließend darauf hingewiesen, dass ohne weitere Erklärungen „mehr Solidarität zu besonders betroffenen EU Nachbarländern“ und die „Forderung nach schärferen Grenzkontrollen“, beides in der Vorlage der Verwaltung enthalten, für uns derzeit einen Widerspruch darstellen. Außerdem gehen wir, zusammen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP) (s. Public Forum Nr. 19 | 2023, S. 9) davon aus, dass stärkere Grenzkontrollen nicht zu weniger Flüchtlingen bei uns führen werden, da diese dann auf anderen Routen ihr Glück versuchen werden. Der stellvertretende Vorsitzende der GdP geht laut „Publik Forum“ sogar soweit, diese Forderung angesichts der noch anstehenden Landtagswahlen (am 6.10 veröffentlicht) als kostspieliges weil personalintensives » politisches Wahlkampffeuerwerk « zu bezeichnen.
- In der Vorlage der Verwaltung wird der „12 Punkte Plan der Landesverbände … für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik“ zitiert.Die dort genannten Punkte 1 / 6 / 8 / 9 / 10 / 11 sind für unserer Fraktion schlüssig und stimmig.Kritisch hinterfragen möchten wir aber Punkt 2, die „Harmonisierung der Integrations- und Sozialleistungen in der EU“:Wir meinen, dass es aus gutem Grund in Europa, aber auch innerhalb Deutschlands, durchaus signifikant unterschiedliche Tarifgebiete und damit EU weit sehr unterschiedliche Lohnniveaus gibt, da bei Tarifabschlüssen auch die Lebenshaltungskosten von Beschäftigten (und Inflation) eine Rolle spielen.Die Beschäftigungssituation sowie Lebenshaltungskosten sind EU weit sehr unterschiedlich, es gibt hier ein deutliches Nord-Süd-Gefälle, …Zielt diese Forderung in ihrer Wirkung darauf ab, Flüchtlinge in Billiglohnländer abzuschieben, weil wir in BW meinen, besonders hart betroffen zu sein? Ist das die „Solidarität mit besonders betroffenen EU Ländern“ oder mit wirtschaftlich schwächeren Ländern in der EU?Hier würden wir uns von den Verfassern eines solchen 12 Punkte Plans – oder der Verwaltung der Stadt Tettnang die uns diesen 12 Punkte Plan in einer Vorlage vorstellt – Antworten auf diese Fragen wünschen.Als völlig unausgegoren betrachten wir die Punkte 3 / 4 / 5 / 7„Nationale Ankunftszentren installieren“ / „schnelle Klärung“ / „Rückführung“ / „Verteilung auf die Länder nur mit Bleibeperspektive“Das mag ohne weiterführende Betrachtung wie ein populärer Lösungsansatz wirken mit dem die Menge unsere administrativen Aufgaben in BW reduziert würde. Bei einer verantwortlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema stellen sich für uns aber die folgenden Fragen:Wo sollte eine solche Einrichtung lokalisiert werden?Gibt es Bundesländer die sich dazu bereit erklären so eine Einrichtung bei sich zu installieren?Die Schwierigkeiten in BW bez. der LEAs würden damit vermutlich um ein Vielfaches (ca. Faktor 8!) vergrößert! St. Florians-Prinzip „made in BW“?Es stellt sich die Frage, was bei einer derartigen „Konzentration“ von Flüchtlingen wirklich passieren würde und wer so etwas in D organisieren soll?Das griechische Moria sollten wir nicht wiederholen!Würden wir dann auch die notw. Juristen und Rechtsanwälte „zentralisieren“, die da dann vor Ort für die vielen Schnellverfahren benötigt werden?Wie passt das zu unserem Föderalismus in Deutschland?Den Ansatz „Schnellverfahren“ halten wir für höchst fragwürdig, mindestens aber erklärungsbedürftig:Auch wir sind der Meinung, dass es – auch im Interesse der Menschen auf der Flucht – unsere Bürokratie schnellere und einfachere Abläufe benötigt. Allerdings haben Menschen die um ihr Leben fürchten und vor einem Bürgerkrieg oder vor Verfolgung fliehen nicht immer alle geforderten Papiere (Ausweise, Zeugnisse, Ausbildungsabschlüsse, …) bei sich.Die vorgeschlagene Einführung von „Schnellverfahren“ halten wir für auch vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen (s. Sofortprogramm) für fragwürdig: Heute, mit den „zu langsamen Verfahren“, gibt es eine Fehlerquote von 17,6% die vor Gericht bei Ablehnung dann doch recht bekommen! Wir erwarten, dass diese Fehlerquote bei „Schnellverfahren“ dann noch deutlich größer wird!
Wir schicken dann Menschen in Höhe dieser Fehlerquote dorthin zurück, wo sie herkommen und geflohen sind obwohl sie ein Asylrecht oder Aufenthaltsrecht oder eine Duldung verdient hätten!Hier stellt sich uns die Frage, wie diese Forderung des Gemeindetags mit unserem Grundgesetz und Asylrecht zusammenpassen soll?Der gesunde Menschenverstand rät, hier zuerst den Prozess zu optimieren, um die Fehlerquoten zu minimieren und erst dann über Schritte zur Beschleunigung anzugehen.Wie bereits oben erwähnt sehen wir die Forderung 12, die Arbeitsmarktmigration bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, als einen sehr dringlichen Punkt mit höchster Priorität der als Forderung ganz oben auf der Liste stehen sollte und verweisen nochmal auf den WDR Beitrag in der Sendung Monitor.
- In der Vorlage der Verwaltung wird der „12 Punkte Plan der Landesverbände … für eine realitätsbezogene Flüchtlingspolitik“ zitiert.Die dort genannten Punkte 1 / 6 / 8 / 9 / 10 / 11 sind für unserer Fraktion schlüssig und stimmig.Kritisch hinterfragen möchten wir aber Punkt 2, die „Harmonisierung der Integrations- und Sozialleistungen in der EU“:Wir meinen, dass es aus gutem Grund in Europa, aber auch innerhalb Deutschlands, durchaus signifikant unterschiedliche Tarifgebiete und damit EU weit sehr unterschiedliche Lohnniveaus gibt, da bei Tarifabschlüssen auch die Lebenshaltungskosten von Beschäftigten (und Inflation) eine Rolle spielen.Die Beschäftigungssituation sowie Lebenshaltungskosten sind EU weit sehr unterschiedlich, es gibt hier ein deutliches Nord-Süd-Gefälle, …Zielt diese Forderung in ihrer Wirkung darauf ab, Flüchtlinge in Billiglohnländer abzuschieben, weil wir in BW meinen, besonders hart betroffen zu sein? Ist das die „Solidarität mit besonders betroffenen EU Ländern“ oder mit wirtschaftlich schwächeren Ländern in der EU?Hier würden wir uns von den Verfassern eines solchen 12 Punkte Plans – oder der Verwaltung der Stadt Tettnang die uns diesen 12 Punkte Plan in einer Vorlage vorstellt – Antworten auf diese Fragen wünschen.Als völlig unausgegoren betrachten wir die Punkte 3 / 4 / 5 / 7„Nationale Ankunftszentren installieren“ / „schnelle Klärung“ / „Rückführung“ / „Verteilung auf die Länder nur mit Bleibeperspektive“Das mag ohne weiterführende Betrachtung wie ein populärer Lösungsansatz wirken mit dem die Menge unsere administrativen Aufgaben in BW reduziert würde. Bei einer verantwortlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema stellen sich für uns aber die folgenden Fragen:Wo sollte eine solche Einrichtung lokalisiert werden?Gibt es Bundesländer die sich dazu bereit erklären so eine Einrichtung bei sich zu installieren?Die Schwierigkeiten in BW bez. der LEAs würden damit vermutlich um ein Vielfaches (ca. Faktor 8!) vergrößert! St. Florians-Prinzip „made in BW“?Es stellt sich die Frage, was bei einer derartigen „Konzentration“ von Flüchtlingen wirklich passieren würde und wer so etwas in D organisieren soll?Das griechische Moria sollten wir nicht wiederholen!Würden wir dann auch die notw. Juristen und Rechtsanwälte „zentralisieren“, die da dann vor Ort für die vielen Schnellverfahren benötigt werden?Wie passt das zu unserem Föderalismus in Deutschland?Den Ansatz „Schnellverfahren“ halten wir für höchst fragwürdig, mindestens aber erklärungsbedürftig:Auch wir sind der Meinung, dass es – auch im Interesse der Menschen auf der Flucht – unsere Bürokratie schnellere und einfachere Abläufe benötigt. Allerdings haben Menschen die um ihr Leben fürchten und vor einem Bürgerkrieg oder vor Verfolgung fliehen nicht immer alle geforderten Papiere (Ausweise, Zeugnisse, Ausbildungsabschlüsse, …) bei sich.Die vorgeschlagene Einführung von „Schnellverfahren“ halten wir für auch vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen (s. Sofortprogramm) für fragwürdig: Heute, mit den „zu langsamen Verfahren“, gibt es eine Fehlerquote von 17,6% die vor Gericht bei Ablehnung dann doch recht bekommen! Wir erwarten, dass diese Fehlerquote bei „Schnellverfahren“ dann noch deutlich größer wird!
- Zu den in der GR Vorlage vom 22.11. ebenfalls enthaltenen vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen einer Begrenzungsstrategie – vom Gemeindetag BW Ende 09/23
- Begrenzung irregulärer Zuwanderung an Außengrenzen durch Grenzkontrollen an deutschen Außengrenzen halten wir für eine Illusion, s. dazu unsere Ausführungen weiter oben
- Die Ausweisung sicherer Herkunftsländer halten wir grundsätzlich für sinnvoll, wenn die Voraussetzungen gegeben sind.
- Hier sehen wir allerdings die Türkei sehr kritisch, die sich mehr und mehr zu einer Diktatur entwickelt, die ethnische Minderheiten (Kurden) nicht gleichberechtigt behandelt und auch Andersdenkende und Oppositionelle verfolgt.
- Beschleunigung der Asylverfahren, Entscheidungen in der Erstaufnahme: S. Kommentierung oben: „Schnellverfahren“ auf Basis einer Fehlerquote von heute schon 17.6% werden bedrohten Menschen nicht gerecht.
- 17,6% Menschen wird zunächst das Bleiberecht fälschlicherweise verweigert.
- Der Verfasser scheint hierbei kein Unrechtsempfinden zu verspüren, bzw. Anteilnahme am Schicksal von verfolgten Menschen. („lediglich“)
- Der gesunde Menschenverstand rät uns, hier zunächst den Prozess zu optimieren, die Fehlerquoten zu minimieren und danach über Schritte zur Beschleunigung nachzudenken.
- Zur Forderung die Anreize für Sekundärmigration zu reduzieren
- Was heißt das: Der Nachzug von Angehörigen soll so unterbunden werden?
- Ist das unsere Vorstellung von einer gelingenden Integration durch Isolation und Absenken der Sozialstandards von Flüchtlingen?
- Ein Blick auf die Zahlen der Ukrainer in unseren Nachbarländern Tschechien, Polen, Slowakei und Ukraine – s.o. – zeigt doch, dass die Menschen nicht bevorzugt nach Deutschland flüchten, sondern mehr Menschen in der heimatnahen Region bleiben möchten!
- Die zuletzt erhobene Forderung an unsere Regierung, dass die „EU Regelung darf auf keinen Fall blockiert werden“ ist unausgegoren und für den Gemeindetag BW unangemessen:
- Diese Forderung bedeutet im Umkehrschluss einen „Vertragsabschluss um jeden Preis“ – und würde unsere deutschen Interessenvertreter in den Verhandlungen völlig erpressbar machen, von „netten“ Nachbarn wie z.B. Ungarn.
- Der Gemeindetag sollte sich besser um die lokalen und kommunalen Themen kümmern und nicht um die deutsche Außenpolitik.
- Im Folgenden werden noch einzelne Details und Darstellungen in der Sitzungs-Vorlage kommentieren:
- „39% der Befragten bestätigen, dass die Landesregierung das Wohl der Flüchtlinge über das Wohl der Menschen stelle.“
- Wir gehen davon aus, dass hier nicht bewusst zwischen Flüchtlingen und Menschen differenziert wird?
- Und das hoffentlich nur eine schlampig vorbereitete Unterlage ist und nicht eine tendenziöse Umfrage war!
- Es werden Umfragen und Stimmungen zitiert mit „weniger gut“, „gar nicht gut“
- Ist es dann für diese Menschen vielleicht im Angesicht der großen Herausforderung und
Mammutaufgabe „noch befriedigend“?
- Ist es dann für diese Menschen vielleicht im Angesicht der großen Herausforderung und
- „Jedoch muss ständig mit der Belegung jongliert werden um den Anforderungen gerecht zu werden.“
- Alles andere wäre sehr verwunderlich, Krisensituation, Mammutaufgabe: Harte, gut bezahlte, Arbeit („jonglieren“) ist doch hoffentlich kein ernst gemeintes Argument weiteren Menschen in Not nicht zu helfen?
- Warum sollte Zusammenarbeit mit Projekt „Herein“ (Caritas) gestoppt werden, wenn das alles so schlimm ist?
- „Privater Wohnraum ist nicht vorhanden“
- „Nicht vorhanden“ oder „nicht zugänglich“?
- Es gibt Steuerberater die kennen Kunden die nicht mehr vermieten, weil sie es nicht mehr nötig haben. Tun wir als Kommune schon genug um das zu ändern?
- Wir vermissen in diesem Zusammenhang auch einen Hinweis wie z.B. „Sozialer Wohnungsbau ist leider auch nicht mehr vorhanden!“ – als eine der Ursachen für unseren Mangel an bezahlbarem Wohnraum, welcher durch die Flüchtlingskrisen noch verschärft wird. Auch die Erwähnung positiver Gegenbeispiele wie z.B. die Stadt Wien, … könnte helfen die Suche nach guten Lösungsansätzen für Tettnang zu unterstützen.
- „39% der Befragten bestätigen, dass die Landesregierung das Wohl der Flüchtlinge über das Wohl der Menschen stelle.“
- Was uns leider in der Vorlage der Verwaltung völlig gefehlt hat, ist eine übergreifende, rationale, zahlenbasierte Darstellung zu Migrationsthemen insgesamt!
- Ein Blick in die Welt und nicht nur auf unsere Situation in BW und D wäre angemessen, s. auch Artikel „Die Mythen der Migration“ aus der Zeitschrift Publik Forum, als Zusammenfassung des Buches von einem langjährigen, niederländischen Migrationsforscher Hein de Haas, Professor in Oxford. Darin heißt es u.a.:
- Prozentual ist Migration über viele Jahre (1960–2017) weltweit stabil bei ca. 3%
- Allerdings ist die Menschheit seither gewachsen, die absoluten Zahlen sind seither um 165% gestiegen.
- Die von der UNHCR berichtete Zahlen steigen zuletzt auch deshalb deutlich, weil Binnenflüchtlinge neuerdings mitberücksichtigt werden.
- Hierbei ist zu beachten, dass 97% aller Flüchtlinge im jeweiligen Land oder in der Region bleiben.
- Die eigentlichen Flüchtlingskrisen sind also i.d.R. nicht bei uns, sondern an anderen Orten und Regionen:
- Afghanistan: Von 2,6 Mio. Flüchtlingen leben 2,2 Mio. im Iran oder in Pakistan!
- Ukraine: 5,9 Mio. Ukrainer leben derzeit verteilt in Europa, 1,1 Mio in Deutschland, aber 3,7 Mio. in der Ukraine (und prozentual mehr in unseren Nachbarländern). Weitere 17,6 Mio. Menschen in der Ukraine sind auf humanitäre Hilfe angewiesen!
- Für eine differenzierte Betrachtung und Diskussion würden wir uns vom Gemeindetag und der Verwaltung solche Informationen in einer Gemeinderatsvorlage auch wünschen.
- Ein Blick in die Welt und nicht nur auf unsere Situation in BW und D wäre angemessen, s. auch Artikel „Die Mythen der Migration“ aus der Zeitschrift Publik Forum, als Zusammenfassung des Buches von einem langjährigen, niederländischen Migrationsforscher Hein de Haas, Professor in Oxford. Darin heißt es u.a.:
- Last but not least würden wir uns auch vom Gemeindetag Hinweise darauf wünschen, dass wer weniger Flüchtlinge unterbringen will, Fluchtursachen bekämpfen muss:
- Klimaschutz ist dabei ein wesentlicher Anteil. Wenn in südl. Regionen wegen der fortschreitenden Klimakatastrophe das Wasser oder die Nahrung knapp wird, führt das zu lokalen Konflikten, Kriegen, Vertreibungen, … und auch steigenden Flüchtlingszahlen in Europa.
- Ein wesentlicher Lösungsansatz zur Bekämpfung ist der „Faire Handel“: Die Menschen im globalen Süden werden häufig für unsere Bedürfnisse ausgebeutet. Die allermeisten Kaffee- und Kakaobäur:innen leben unter dem Existenzminimum. Auch von der i.d.R. sehr umweltschädlichen Ausbeutung von Rohstoffen in diesen Regionen profitieren meistens global agierende Konzerne und die Bevölkerungen in den industrialisierten Ländern des Nordens.
- Deutschland versucht im Ausland eine geregelte Migration von Fachkräften nach Deutschland zu stimulieren, um einem wirtschaftlichen Abschwung wegen Fachkräftemangels entgegenzuwirken!
- Hierbei wirken unzureichende Integrationsanstrengungen in Deutschland und eine überbordende Bürokratie im Umgang mit Migranten sehr negativ.
- Gut ausgebildete Fachkräfte sind flexibel und bleiben nicht in Ländern in denen sie nicht willkommen sind, ihre Abschlüsse nicht anerkannt werden, … . Sie sind mobil, flexibel und ziehen weiter!
- Es ist nach unserem Verständnis auch eine falsche Erwartungshaltung und Illusion, dass ärmere Länder die Fachkräfte aufwendig für uns ausbilden sollen, damit diese dann zu uns kommen und uns helfen unseren Wohlstand zu erhalten: Die gut ausgebildete Menschen werden auch in ihren Heimatländern dringend gebraucht und mittlerweile von internationalen Konzernen auch vor Ort gut bezahlt.
- Wir sollten deshalb alles daransetzen, die Menschen die, aus welchem Grund auch immer, zu uns kommen schnell in Arbeit zu bringen und die Integration bestmöglich zu unterstützen.
- Wir würden uns für die Zukunft wünschen, dass Instanzen wie die Stadtverwaltung Tettnang, oder der Gemeindetag, sich weniger vom „Stimmungen“ in der Bürgerschaft, AFD Parolen oder von Umfragen (=“Stimmung“) beeindrucken lassen, sondern mit mehr Zahlen/Daten/Fakten und Quervergleichen (in BW, im Bund, in EU, weltweit, …) zu einer sachlich differenzierten Information, damit zu fundierten Diskussionen und guten Entscheidungen im GR beitragen.
- Unser Fazit: Grenzen lassen sich nicht völlig schließen. Wir müssen die Menschen auf der Flucht „weniger verwalten“, sondern die Bereicherung und Chancen für TT / BW / D darin erkennen und diese Menschen schnell und aktiv integrieren.
- Dazu sei hier nochmal dieser „Monitor“ Beitrag des WDR empfohlen, mit dem CSU-Bürgermeister Richard Reischl, dem ersten Bürgermeister der Gemeinde Hebertshausen im bayerischen Landkreis Dachau: Monitor-Beitrag vom WDR.
- Im Namen der Fraktion Bündnis90/Die Grünen
- mit freundlichen Grüßen Kajo Aicher, Peter Brauchle, Dr. Albert Dick, Mark Rode, Hans Schöpf
- Wir unterstützen absolut die Hinweise, dass bez. der Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt Handlungsbedarf besteht: Hier gibt es für ganz Deutschland noch viel und dringenden Optimierungsbedarf.
- Leider fehlt hier der Hinweis, dass in TT seit langem noch eine weitere OU/AU Unterkunft vorgesehen ist, die auf Beschlüsse in den Jahren 2018–2022 zurückgeht.Die „Belastungsgrenze“ ist bez. Unterbringung nach unserem Verständnis somit kein statischer Zustand, sondern eine Frage von Prioritäten, unserem Handeln und der weiteren Entwicklungen bei Flüchtlingen.