Unsinnige Förderrichtlinie führt zu schlechter Variante
Eine unsinnig ausgestalteten Förderrichtlinie führt dazu, dass auf dem Campus Manzenberg voraussichtlich zwar eine für den städtischen Haushalt günstige Variante gebaut wird, die den Steuerzahler unter dem Strich gleich viel kostet wie eine andere, die aber von der technischen Funktion als Fahrradabstellanlage deutlich schlechter ist, als diese andere.
Der Campus Manzenberg wird von über 2.000 Schülerinnen und Schülern nebst der Lehrerschaft von Gemeinschafts- und Realschule und Gymnasium besucht. Ein Großteil fährt den Campus mit dem Fahrrad an. Seit Jahren reichen die vorhandenen alten Abstellanlagen für die Fahrräder nicht aus, es herrscht insoweit Chaos.
Da kommt ein Förderprogramm des Landes, mit welchem kommunale Fahrradinfrastukturmaßnahmen mit bis zu 90 % gefördert werden, gerade recht – meinte man auch in Tettnang und fing an, für den Campus Fahrradabstellanlagen zu planen. Es wurde dafür ein Arbeitskreis aus Verwaltung, Gemeinderat, Planern und Betroffenen ins Leben gerufen.
Ein Bedarf von rund 800 Abstellplätzen wurde ermittelt. Als Fahrradständer wählte man ein Modell der sogenannten Hoch/Tief-Anlagen, welche platzsparend sind, da man mit einem seitlichen Abstand von 50 cm auskommt dank abwechselndem Einstellen eben hoch und tief. Weiterer Vorteil dieser Anlage, welche übrigens auch beim Freibad Ried verwendet wurde, ist, dass die Fahrräder standsicher eingestellt werden können, die Berührungspunkte zwischen Fahrradrahmen und Ständer mit Plastikkappen gegen Beschädigungen geschützt sind und die Räder mit Rahmen und Vorderrad mit einem Schloss gut an den Ständer angeschlossen werden können. Und die Abstellanlagen sollten überdacht werden, was bisher nur teilweise der Fall war.
Allerdings kam am Ende der Berechnung auch ein Kostenaufwand von rund 2 Mill. Euro heraus, also nicht ganz 2.500 € pro Radabstellplatz. Das war weit mehr, als bei Planungsstart geschätzt.
Nun kam aber die böse Überraschung: Hoch/Tief-Abstellanlagen werden vom Land weit weniger gefördert, als einfache Abstellbügel.
Bei den Hoch/Tief-Ständern erhielte die Stadt eine Förderung von lediglich rund 800.000 €, müsste also etwa 1,2 Millionen selbst tragen.
Einfache Abstellbügel haben den Nachteil, dass sie den Rädern keinen sicheren Stand bieten, wenn keine Holzleiste angebracht ist, scheuert Metall auf Metall, sie benötigen mehr Platz, da ein Abstand von wenigstens 70 cm notwendig ist und jeder einzelne Bügel muss an beiden Enden sicher im Boden verankert werden, während bei Hoch/Tief-Ständern Einheiten mit viel mehr Ständern weit weniger Verankerungen im Boden erfordern.
Bei Abstellbügeln mit Holzleisten würde die Maßnahme daher sogar insgesamt 2,13 Mill. € kosten, die Stadt bekäme aber 1,3 Mill. Zuschuss, bei Bügeln ohne Holzleisten käme die Maßnahme auf 2 Mill. € bei einer Förderung von 1,3 Mill., bei der Stadt würden also rund 700.000 € hängen bleiben.
Das Ergebnis ist nun, dass sich der Gemeinderat für die technisch schlechteste Variante, nämlich die Bügel ohne Holzschutz, ausgesprochen hat, die den Steuerzahler genauso viel kostet, wie die beste Variante, nämlich rund 2 Mill. €, nur dass diese Kosten zwischen Stadt und Land zugunsten der Stadt und zu Lasten des Landes verteilt werden.
Das ist leider das Ergebnis von unsinnigen Förderrichtlinien. Nun ja, in die “fünfte Jahreszeit” passt es irgendwie.
Leidtragende über viele Jahre sind alle, die mit dem Rad zum Campus kommen, etwas was man eigentlich begrüßen und fördern sollte.
Text: Hans Schöpf