Zwei Jahre soll die vakante Stelle der Leitung von Spectrum nicht besetzt werden. Wird Tettnang damit dem kulturellen Anspruch seiner Bürgerinnen und Bürgern gerecht? Ich denke nein.
Tettnangs Kulturleben ist sehr vielfältig und es gibt auch sehr viele Akteure: verschiedene Museen in unterschiedlicher Regie, (Stadt, Elektronik, Hopfen, Schloss), KiTT (Kino und Kleinkunst Tettnang e.V.), Hopfengut N°20 als Veranstalter, städtische Musikschule, Musikwerkstatt, Musikcafé Flieger, verschiedene Musikkapellen und Fanfarenzüge, Galerie (fs.art), Literarische Vereinigung Signatur, Künstlergruppe stARTup Tettnang. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Auch wenn Tettnang derzeit keine funktionierende Stadthalle als großen Veranstaltungsort hat, so verfügt es doch über verschiedenste Spielstätten: Rittersaal und Bacchussaal im Neuen Schloss, Innenhof im Neuen Schloss, Seldnerhalle in Kau, Mehrzweckhalle in Obereisenbach, Argentalhalle in Laimnau, Aula im Montfort-Gymnasium, Hopfenmuseum in Siggenweiler, Kino in Tettnang (KiTT). Auch diese Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit.
Alle Kulturschaffenden in Tettnang arbeiten alleine vor sich hin. Es gibt kein Kulturamt für eine gemeinsame Vermarktung, für Koordinierung, für die Hebung von Synergieeffekten, für die Unterstützung, keine gemeinsame Plattform.
Der Innenhof des Neuen Schlosses schreit geradezu nach einer Bespielung. Wer erinnert sich nicht an die spektakuläre Aktion mit dem „Blauen Wellenkreis“ von DeFellrath anlässlich des Bodenseefestivals im Jahre 2000. Niemand kümmert sich um solche Möglichkeiten, die der Innenhof bietet.
Was ist mit der Kunst im öffentlichen Raum? Ich selbst habe mit zwei kleinen Aktionen im Torschloss (akustische Performance und gefaltete Friedenstauben) versucht, einmal kleine Akzente zu setzen, einen Erlebniswert im öffentlichen Raum zu schaffen. Wer kümmert sich um solche Dinge, entwickelt Ideen hierfür?
Ich bin der Meinung, dass „Kultur in Tettnang“ mehr ist als Spectrum. Die Amtszeiten der Leitung von Spectrum ist in den letzten Jahren immer kürzer geworden. Das mag verschiedene Hintergründe haben. Und es gab auch immer wieder kleine „Eifersüchteleien“ innerhalb der Kultur. Dem einen kümmerte sich Spectrum zu sehr um klassische Musik, an anderer Stelle „kann“ eine Person nicht mit der anderen, dürfen Laienkünstler in die städtische Galerie oder ist diese nur der „höheren“ Kunst zugänglich? Welchen Stellenwert hat Blasmusik in der Kultur? Das sind alles Themen, über die man sich hinlänglich auslassen könnte.
Eine der letzten Leiterinnen von Spectrum, Natascha Bruns, hatte vor, die Gesamtheit der Kultur in Tettnang sich in einem gemeinsamen Programm präsentieren zu lassen. Da wäre offensichtlich geworden, welche Bandbreite Kultur in Tettnang hat. Schade, es kam nicht mehr dazu.
Eine weitere Frage, die sich mir aufdrängt: Muss jede Kommune versuchen, sich um jede kulturelle Facette zu kümmern? Gäbe es nicht auch Kooperationsmöglichkeiten? Meckenbeuren hat das „Gleis 1“, Tettnang hat einen Rittersaal. Gibt es hier oder auch in anderen Bereichen nicht Kooperationsmöglichkeiten? Wer kümmert sich darum?
Tettnang hat es verdient, dass man sich um sein vielfältiges Kulturleben kümmert, dass auch ein „kulturelles Wir-Gefühl“ entstehen kann und entsteht. Lassen wir das Feld nicht brach liegen, bestellen wir es.
Text: Hans Schöpf