Mitte Mai lud der Ortsverband Tettnang von Bündnis 90/Die Grünen zu einer Informationsveranstaltung zum novellierten Gebäudeenergiegesetz (GEG), um einen Überblick über die Ziele und Inhalte des Anfang 2024 in Kraft getretenen Gesetzes, sowie über geltende Fristen zu geben. Auch über aktuell verfügbare Fördergelder beim Heizungstausch wurde dabei informiert.
Vorstand Maximilian Betten erinnerte die rund 30 Teilnehmenden in seiner Einleitung an die stark emotionalisierte Debatte im vergangenen Sommer, in welcher in den Überschriften des Boulevards von „Heiz-Hammer“, „Energie-Stasi“ und einem vermeintlichen Verbot von funktionsfähigen Öl- und Gasheizungen ab dem Jahr 2024 getitelt wurde.
Der Referent Daniel Hegele, seit 25 Jahren Ingenieur im Bereich erneuerbare Heiztechnik, legte dar, dass die Wärmewende zwingend nötig ist, weil der damit verbundene Ausstieg aus fossilen Brennstoffen eine enorme positive Wirkung für den Klimaschutz haben wird.
Ein Drittel der in Deutschland verbrauchten Energie wird für das Heizen von Gebäuden und Warmwasser verbraucht, wovon im Jahr 2023 lediglich knapp 19% dieser Wärme mit erneuerbarer Energie durch Solar- & Geothermie, Biomasse wie Holzpellets, oder Wärmepumpen erzeugt wurden. Im Vergleich dazu stammt beim elektrischen Strom bereits über 50% aus erneuerbaren Energien.
Die Entwicklung zur erneuerbaren Wärmeerzeugung ist über die vergangenen Jahrzehnte schlicht hinter ihren Potentialen geblieben, was einen hohen Handlungsdruck als Maßstab für die Novellierung des GEG vorgab. Hegele erinnert daran, dass es nicht nur darum ginge, die Klimaziele, zu denen sich Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten verpflichtet hat, einzuhalten, sondern auch darum, sich unabhängiger von Energieexporten aus beispielsweise Russland oder dem Nahen Osten zu machen.
Wenn wir unsere Energie selbst erzeugen, ist die Gefahr eines Energiepreisschocks von außen wie zu Anfang der Invasion in die Ukraine für Bürger, Industrie und Wirtschaft weit geringer; außerdem unterstützen wir dann nicht mehr mit unserem Geld fragwürdige Régime.
Kerninhalt des Gebäudeenergiegesetzes, um diese Ziele zu erreichen sei es, dass bei neu eingebauten Heizungen mindestens 65% der Energie erneuerbar erzeugt werden muss – zunächst unabhängig von der Technik. Als sehr effizient bewährt sich dabei v.a. die Wärmepumpe, welche mit dem stark gestiegenen Anteil erneuerbaren Stromes sehr klimafreundlich Wärmeenergie erzeugen könne.
In unsanierten Altbauten mit sehr kleinen Heizkörpern kommen Wärmepumpen jedoch an sehr kalten Tagen oft an ihre technischen Grenzen. Hier weist die technologieoffene Formulierung im GEG die Richtung zu einer möglichen Lösung: Nämlich, dass die Wärme in solchen Gebäuden auch mit einer sogenannten Hybridheizung erzeugt werden kann, also mit einer Kombination aus (ggf. bestehender) Öl- oder Gasheizung und einer Wärmepumpe
Damit liefe die Wärmeerzeugung über das Jahr verteilt vom Frühjahr bis in den Herbst hinein sowie an milden Wintertagen zu etwa zwei Dritteln (65%) erneuerbar über die Wärmepumpe. Nur an den ganz kalten Tagen müsste dann die „Verbrennerheizung“ mit dem letzten Drittel unterstützen
Eigentümer in der Runde berichten, dass sie zum Test, ob die eigene Immobilie wärmepumpentauglich ist, an kalten Tagen die Vorlauftemperatur ihrer bisherigen Heizung auf maximal 55°C begrenzten oder, noch einfacher, schlicht an sehr kalten Tagen die Temperaturkurven ihrer Heizungen protokollierten.
Weiter sind im GEG neben der Wärmepumpe und Hybridheizung auch weitere Technologien benannt, welche die Ziele erreichen – eine Biomasseheizung z.B. mit Pellets oder der Anschluss an ein Wärmenetz erfüllt die Anforderungen genauso.
Für die Entscheidung, ob man sich (falls möglich) an ein Wärmenetz anschließen möchte, bleibt Zeit bis zum Abschluss der kommunalen Wärmeplanung, die in Kommunen unter 100.000 Einwohner spätesten Mitte 2028 vorliegen muss. In Tettnang ist man bei diesem Prozess schon einige Schritte weiter, auch durch die Gründung einer Wärmenetz-Gesellschaft im letzten Jahr. Hier ist bereits klar, dass die große Potentiale für das geplante und im Übrigen zum größten Teil erneuerbar betriebenen Wärmenetz in den folgenden Stadtgebieten liegen: Neben den städtischen Liegenschaften in der Innenstadt und dem Campus Manzenberg auch in der neuen Ackermannsiedlung, in einer Erweiterung zum Schloss, bei den Haushalten in der Montfortstraße und in den großen Siedlungen wie dem Schäferhof.
Egal ob neue Einzelheizung oder Anschluss an ein Wärmenetz, all diese Maßnahmen können sich die Bürgerinnen und Bürger mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) fördern lassen. Der Zuschuss beträgt mindestens 30% der förderfähigen Kosten, meist aber 50%, falls eine alte Öl- oder Gasheizung ersetzt wird. Mit weiteren Boni für besonders gute Technologie (plus 5%) oder bei geringem Haushaltseinkommen kann die Förderung bis zu 70% betragen. Für die erste Wohneinheit liegt die Grenze der förderfähigen Kosten (Handwerker- und Materialkosten) bei 30.000€, für die zweite bis sechste Wohneinheit kommen nochmals je 15.000€ dazu. Ab der siebten Einheit wird jede weitere Wohneinheit mit 8.000€ gefördert. Ähnlich sieht es bei gewerblich genutzten oder kommunalen Gebäuden aus, wo die Bemessung dann aber nach Nutzfläche geregelt ist.
Der Referent erklärt diese Förderungen an einem konkreten Beispiel: Tauscht jemand aktuell die alte Ölheizung seines Zweifamilienhauses gegen eine Wärmepumpe der neusten Generation, erhält er maximal eine Förderung von 55%, bei einer Fördergrenze im Beispiel von 45.000€ ergibt das einen Zuschuss von 24.750€.
Die genannte Förderhöchstgrenze von 70% greift bei Haushalten mit zu versteuernden Einkommen unter 40.000€, was neben vielen Menschen mit geringem Lohn auch Rentnerinnen und Rentnern zugutekommen wird.
In Gegensatz zu früheren Förderprogrammen ist neu, dass beim Stellen eines KfW-Förderantrags bereits ein verbindliches Angebot des Installateurs vorliegen muss.
Alternativ zur Zuschuss-Förderung kann für die Kosten eines Heizungstausches auch eine steuerliche Förderung in Höhe von 20% in Anspruch genommen werden.
Hegele resümiert, dass das Gebäudeenergiegesetz ein guter Baustein zur Erreichung der Klimaziele Deutschlands im Gebäudesektor sei.
Das Gesetz bietet realistische, mehrjährige Übergangsfristen für Bestandsbauten und damit genug Zeit für Beratung und gründliche Abwägung, welche Technologie zur eigenen Immobilie passt oder ob es gar ein Wärmenetz zum Anschluss geben wird. Die Technologie bei Wärmepumpen habe ebenfalls in den vergangenen Jahren große Sprünge bei Effizienz und Leistungsfähigkeit gemacht.
Für viele dürfte also gerade jetzt mit teilweise üppigen Förderungen, ein guter Zeitpunkt sein, die eigene Heizung fit für eine klimaneutrale Zukunft zu machen. Und auch darüber hinaus gibt es attraktive Förderungen, z.B. für Gebäudedämmung oder neue Fenster.