Die Gleichstellung in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft hat sich immer noch nicht durchgesetzt. Im Bodenseekreis ist jede vierte Frau Opfer von Gewalt.
„Gewalt gegen Frauen und Kinder sowie Prostitution sind immer noch „Schmuddelthemen“, sagte Bärbl Mielich (MdL Bündnis 90/Die Grünen) am vergangenen Freitag im Graf-Zeppelin-Haus. „Wir müssen diese Themen enttabuisieren.“
Die Staatssekretärin im Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg folgte der Einladung unseres grünen Kreisverbandes zu einer Diskussion über Frauenrechte und Chancengleichheit. Ebenfalls dabei waren Veronika Wäscher-Göggerle, Frauen- und Familienbeauftragte des Landkreises, Carmen Kremer aus Ravensburg als Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Frauenpolitik und Carin Walther, grüne Kreisdelegierte für Frauenpolitik.
Schwerpunkte in Mielichs Referat waren die Wahlrechtsreform in Baden-Württemberg, Chancengleichheit, das Prostituiertenschutzgesetz, Frauenhäuser und die seit Februar 2018 rechtlich verbindliche „Istanbulkonvention“ zur Verhütung und Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen.
Gleichstellung hat sich noch nicht durchgesetzt
Trotz der seit 70 Jahren im Grundgesetz verankerten Gleichberechtigung der Ge-schlechter habe sich die Gleichstellung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft immer noch nicht durchgesetzt, sagte Mielich. Sie befürworte eine Wahlrechtsreform zur paritätischen und abwechselnden Besetzung der Parteilandeslisten mit Frauen und Männern. Die Reform scheiterte zweimal, das Thema müsse stärker in die Öffentlichkeit getragen werden. Die anschließende 90-minütige Diskussion mit überwiegend weiblichem Publikum ergab einen Einblick in die Situation von Frauen und Kindern nach Gewaltsituationen. „Unabhängig vom Bildungsniveau erfährt jede vierte Frau im Kreis Gewalt in einer Partnerschaft, die Dunkelziffer ist höher“, sagte Wäscher-Göggerle.
Es fehlt bezahlbarer Wohnraum für Menschen in Notsituationen
Zudem bezeichnete sie die Situation von Prostituierten in der Messestadt als „schwierig“. Rund 160 Frauen und Männer seien gemeldet, ein ebensogroßer Teil arbeite 14 Tage in der Stadt und werde in andere Städte „weitergereicht“. Sie befürworte ein Prostitutionsverbot. Vertrerinnen des durch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) betreuten Frauenhauses sowie ein Streetworker berichteten über die Probleme von Wohnungslosen und Drogenabhängigen, von Frauen mit Gewalterfahrungen und ausstiegswilligen Prostituierten. Die Unterstützung durch Landkreis und Stadt bezeichneten sie als „gut“. Allerdings fehle bezahlbarer Wohnraum auch für diese Menschen.
Carin Walther, 30.09.2019