Kindergartenwesen quo vadis?

Im Rahmen des letz­ten Treffens des Grünen-Ortsverbands gab Kajo Aicher als Vorsitzender der grü­nen Gemeinderatsfraktion einen kur­zen Überblick über die Situation der Kindergärten in Tettnang und es schloss sich eine ange­reg­te Diskussion an.

16 Kindertagesstätten gibt es in Tettnang, davon mit dem Waldkindergarten acht in der Trägerschaft der Stadt selbst, sie­ben in kirch­li­cher Trägerschaft und das Kinderhaus der Firma Vaude.

Die Situation der in die­sen Einrichtungen ist durch fol­gen­de Punkte geprägt:

- Durch die Einführung des Rechtsanspruchs auf Betreuung der unter Dreijährigen ergab sich für die Stadt in den letz­ten Jahren der Zwang zu lau­fen­den Kindergartenerweiterungen bzw. Neubauten, was trotz Baukostenzuschüssen eine erheb­li­che finan­zi­el­le Belastung der Stadt dar­stellt. Trotz erheb­li­cher sind die bestehen­den Einrichtungen regel­mä­ßig zu 100 % aus­ge­las­tet unter Einbeziehung nicht nur der Regel- son­dern auch der Notplätze. Besonders in der Ortschaft Kau und dem nörd­li­chen Stadtgebiet besteht wei­te­rer Bedarf an Kindergartenplätzen.

Hinzu kommt hier auch, dass neben dem Betreuungsanspruch für unter Dreijährige Tettnang nach wie vor Zuzugsregion ist, was auch die Zahl der über Dreijährigen wei­ter anstei­gen lässt.

- Mit dem Zuwachs an Kindertagesstätten ein­her geht ein sehr star­ker Personalzuwachs. Auch hier zeigt sich, dass sich die Schere zwi­schen Gesamtdefizit und Landeszuschüssen zu Lasten der Stadt immer wei­ter öff­net. Mittlerweile beläuft sich der Abmangel, der nach Landeszuschüssen und Elternbeiträgen beim städ­ti­schen ver­bleibt, etwa 6 Mill. €. Dieser Betrag schnürt den finan­zi­el­len Handlungsspielraum der Stadt für ande­re wich­ti­ge Projekte immer mehr ein.

- Aufgrund bun­des­wei­tem Fachkräftemangel fin­den sich nicht mehr genü­gend Fachpersonal. Lücken, Krankheits- und Urlaubsvertretungen müs­sen soweit mög­lich mit Zeitarbeitskräften abge­deckt wer­den, was mitt­ler­wei­le auch nicht mehr voll­stän­dig gelingt. Um Einrichtungen nicht ganz schlie­ßen zu müs­sen, muss­ten nun auch Öffnungszeiten redu­ziert wer­den. Auch zwei geplan­te Kindergartengruppen im neu­en Kindergarten im konn­ten man­gels Personal gar nicht erst eröff­net werden.

- Der Personalmangel wird noch dadurch ver­schärft, dass auf­grund der enor­men Arbeitsbelastung immer mehr Betreuungspersonal in ande­re Berufsfelder abwan­dert. Dabei ist die Belastung unter ande­rem auch damit begrün­det, dass das Kindergartenpersonal auch mit immer mehr Verwaltungsaufwand, Dokumentationspflichten usw. zu bewäl­ti­gen hat.

- Das Personalproblem führt auch dazu, dass in der städ­ti­schen Verwaltung erheb­li­cher Aufwand mit Personalsuche, Vorstellungsgesprächen, Bewerbungsprüfungen usw. betrie­ben wer­den muss.

In der Diskussion wur­de das Fazit gezo­gen, dass die­se Problematik nicht auf kom­mu­na­ler Ebene gelöst wer­den kön­ne, hier sei ins­be­son­de­re das Land stark gefor­dert. Die Stadt sei an einer Grenze der Finanzierbarkeit ange­kom­men. Ohne Entlastung kön­ne die Situation nicht gehal­ten wer­den, es sei mit einer wei­te­ren Verschlechterung zu rech­nen. Gruppenvergrößerungen und die Einbeziehung von nicht in Sachen Kinderbetreuung aus­ge­bil­de­tem Personal löse die Probleme nicht, son­dern sen­ke die Qualität der Kinderbetreuung und früh­kind­li­chen , was sich in den Folgejahren im Bildungssektor rächen wer­de. Um die Arbeit in Kindergärten wie­der attrak­tiv zu machen, sei es not­wen­dig, die star­ke Belastung der Fachkräfte auf ein wie­der erträg­li­ches Maß zu reduzieren.

Wie der künf­ti­ge Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung in allen Grundschulen ab 2026/27 erfüllt wer­den sol­le, sei völ­lig frag­lich, wenn bereits jetzt Personal feh­le.

Text: Hans Schöpf