Unser Direktkandidat für den Bundestag und Co-Sprecher der Grünen im Bodenseekreis, Ahmad Al Hamidi, erhält derzeit zahlreiche Anfragen zur Lage in Syrien und den damit verbundenen Herausforderungen. Die Menschen schätzen seine juristische Expertise, sein KnowHow über Syrien und seine Erfahrungen im Asylbereich. Ahmad Al Hamidi lebt seit 2015 in Deutschland, wohin er mit seiner Frau und ihren zwei Kindern geflohen war. Er hat die deutsche Staatsbürgerschaft erworben und ist im öffentlichen Dienst tätig, während seine Frau als Erzieherin arbeitet.
Der Kreisverband möchte die Positionen von Ahmad Al Hamidi gerne teilen und veröffentlichen.
„Wie haben Sie den Sturz des syrischen Regimes aufgenommen?“
Am 8. Dezember 2024 erlebte die Welt einen historischen Moment: Das syrische Régime, das jahrzehntelang mit eiserner Hand regiert hatte, wurde gestürzt. Dieses Régime war verantwortlich für das Verschwinden von Zehntausenden, den Tod von Hunderttausenden und die Vertreibung von Millionen. Es hinterließ ein Land in Trümmern, geprägt von leeren Parolen, Tränen, Blut, Schmerz und Armut. Der Sturz dieses Regimes war für mich einer der bedeutendsten und ergreifendsten Momente meines Lebens – ein lang ersehnter Traum, der endlich Wirklichkeit wurde.
„Ist Syrien nach dem Sturz Assads ein sicheres Land?“
Es ist verfrüht, Syrien nach dem Abgang von Assad als sicher zu bezeichnen. Nach 14 Jahren Krieg haben sich Armee, Polizei und Milizen über Nacht aufgelöst, und viele Waffen befinden sich nun in den Händen der Bevölkerung und einer Opposition, die aus verschiedenen Fraktionen besteht. Syrien ist ein multireligiöses, multikonfessionelles und multiethnisches Land, in dem Religion weiterhin eine zentrale Rolle spielt. Ein bedeutender Teil der Opposition ist islamisch orientiert. All diese Faktoren machen es notwendig, die Einschätzungen des Auswärtigen Amtes, der Europäischen Union, der Vereinten Nationen und internationaler Organisationen abzuwarten, um die Sicherheit in Syrien zu beurteilen.
„Sollten syrische Flüchtlinge zurückkehren, wenn die Situation als sicher gilt?“
Ich befürworte die Rückkehr syrischer Flüchtlinge, sobald ihr Land als sicher gilt und keine Gefahr der Verfolgung aufgrund von Religion, Konfession, sexueller Orientierung, politischer Opposition oder anderen gesetzlich anerkannten Gründen besteht. Für diejenigen, die in Deutschland arbeiten, studieren oder eine Berufsausbildung absolvieren, ist ihr Aufenthalt nicht mehr nur mit dem Asylrecht verbunden, sondern auch mit ihrer beruflichen und akademischen Integration. Den Diskurs über dieses Thema erlebe ich oft als übertrieben, da wir in einem Rechtsstaat leben, der sicherstellt, dass alle Fälle fair und gerecht behandelt werden.
„Rechnen Sie damit, dass der Zustrom syrischer Asylbewerber nach dem Sturz Assads anhalten wird?“
Ja, ich erwarte weiterhin einen Zustrom syrischer Asylbewerber, jedoch in geringerem Umfang als zuvor. Ich plädiere gerade wegen des Sturzes des Regimes für eine Verschärfung der Asylpolitik, sei es durch Aufnahme, Ablehnung oder Abschiebung, da viele Überbleibsel des diktatorischen Regimes versuchen könnten, in europäische Länder, einschließlich Deutschland einzudringen. Über 300.000 Mitglieder der Armee, Sicherheitskräfte und Gefängniswärter sind verschwunden. Viele von ihnen haben Verbrechen an ihren Landsleuten begangen und manche tragen hasserfüllte, rassistische und antisemitische Ideologien in sich. Wir müssen wachsam sein, um zu verhindern, dass diese Personen in unser Land gelangen.
Schließlich, in Anbetracht der aktuellen geopolitischen Herausforderungen und der historischen Verantwortung, die wir als Nation und als Teil der Europäischen Union tragen, appelliere ich an Deutschland und die EU, Syrien in dieser kritischen Phase zu unterstützen. Diese Unterstützung sollte sich nicht nur auf den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur konzentrieren, sondern auch auf die Förderung von Demokratie, Menschenrechten und der Achtung der individuellen Freiheiten. Ein stabiles und friedliches Syrien ist nicht nur im Interesse der Region, sondern trägt auch zur globalen Stabilität bei. Durch eine engagierte Unterstützung können wir dazu beitragen, die Grundlagen für eine friedliche und prosperierende Zukunft in Syrien zu legen, was letztlich auch der Sicherheit und dem Wohlstand Europas zugutekommt.
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