Die Republik in Aufruhr. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kippt den sogenannten § 13b BauGB, erklärt ihn für mit dem EU-Recht unvereinbar. Welche Folgen dieses Urteil haben wird, ist noch nicht absehbar.
Auch in Tettnang kam dieser Paragraph bei verschiedenen Baugebieten zur Anwendung. Soweit Bebauungspläne über den sogenannten Aufstellungsbeschluss noch nicht hinausgekommen sind, dürfte das Urteil wohl dazu führen, dass diese Verfahren eben nicht nach dem erleichterten und beschleunigten Verfahren nach § 13 b BauGB weitergeführt werden können, sondern mit vollständiger Umweltprüfung durchgeführt werden müssen.
Problematischer dürfte es bei den Bebauungsplänen werden, welche bereits bis zum Satzungsbeschluss gediehen sind und/oder auf der Grundlage des beschlossenen Bebauungsplanes gar bereits Baugenehmigungen erteilt worden sind.
Das Urteil könnte Anlieger:innen und Umweltverbänden neue Klagewege eröffnen, es könnte eine Umweltprüfung nachgeholt werden müssen mit der Konsequenz des Erfordernisses von weiteren Ausgleichsmaßnahmen, es könnte aber auch sein, dass das Bebauungsplanverfahren insgesamt neu aufgerollt werden muss, was in den betroffenen Baugebieten zu erheblichen Verzögerungen führen könnte. In der Nachbargemeinde Langenargen wurde die Beauftragung des Planungsbüros für das Bebauungsplanverfahren „Mooser Weg“ vorerst verschoben, denn auch hier wurde der Aufstellungsbeschluss nach § 13b BauGB gefasst.
Es kann es nun so kommen, dass diese Bebauungsplanverfahren, welche gegenüber herkömmlichen Verfahren beschleunigt durchgeführt werden sollten, um möglichst schnell weiteren Wohnraum zu schaffen, am Ende deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, als herkömmliche Verfahren, also das eigentliche Ziel sich ins Gegenteil wenden könnte.
Und das Urteil könnte sogar noch zu einer Ausweitung des Problems führen. Denn das Urteil befasst sich zwarl lediglich mit einem Fall nach § 13b BauGB. Dieser baut jedoch für Flächen bis 10.000 Quadratmetern im Außenbereich auf § 13a BauGB, der für das beschleunigte Verfahren von Flächen bis 20.000 Quadratmetern im Innenbereich gilt. Die weiteren Verfahrensvorschriften gelten für beide Verfahren gleich. Das heißt, dass auch Bebauungspläne im Innenbereich ebenso betroffen sein könnten, wenn ihr Aufstellungsbeschluss nach § 13a BauGB gefasst worden ist.
Stadt und Gemeindeverband sind aktuell im Austausch, wie mit dem Urteil umzugehen ist, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Hier die zwei Paragraphen im Wortlaut:
Baugesetzbuch *) (BauGB)
§ 13a Bebauungspläne der Innenentwicklung
(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt
1. weniger als 20 000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder
2. 20 000 Quadratmetern bis weniger als 70 000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Absatz 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.
Wird in einem Bebauungsplan weder eine zulässige Grundfläche noch eine Größe der Grundfläche festgesetzt, ist bei Anwendung des Satzes 2 die Fläche maßgeblich, die bei Durchführung des Bebauungsplans voraussichtlich versiegelt wird. Das beschleunigte Verfahren ist ausgeschlossen, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen. Das beschleunigte Verfahren ist auch ausgeschlossen, wenn Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(2) Im beschleunigten Verfahren
1. gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend;
2. kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen;
3. soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden;
4. gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 6 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.
(3) Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,
1. dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 einschließlich der hierfür wesentlichen Gründe, und
2. wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Absatz 1 stattfindet.
Die Bekanntmachung nach Satz 1 kann mit der ortsüblichen Bekanntmachung nach § 2 Absatz 1 Satz 2 verbunden werden. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 erfolgt die Bekanntmachung nach Satz 1 nach Abschluss der Vorprüfung des Einzelfalls.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Bebauungsplans.
§ 13b Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren
Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 gilt § 13a entsprechend für Bebauungspläne mit einer Grundfläche im Sinne des § 13a Absatz 1 Satz 2 von weniger als 10 000 Quadratmetern, durch die die Zulässigkeit von Wohnnutzungen auf Flächen begründet wird, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach Satz 1 kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 förmlich eingeleitet werden; der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 zu fassen