Mit dem Neujahrsempfang hat das politische Jahr in Salem wieder einmal festlich begonnen.
Auf der Bühne war ausschließlich Herr Bürgermeister Härle zu sehen, der der interessierten Bürgerschaft seine persönliche politische Sichtweise darlegte.
Fast schon normal muten inzwischen seine negativen Aussagen über andersdenkende Gemeinderäte an, die „sich einfach nicht mitnehmen lassen“… und „so gar kein Vertrauen haben“….
Da spalten sich in der Tat die Gemüter: ist der Gemeinderat verpflichtet, die Pläne und Visionen eines Bürgermeisters kritiklos mitzutragen?
Sind wir – als Bürger Salems – dazu verpflichtet, Dinge zu unterstützen, von denen wir überzeugt sind, dass sie unser Lebensumfeld massiv beeinträchtigen werden?
Es ist nun einmal so: Nicht alle Menschen haben dieselben Ziele. Nicht jedem reicht eine fein geklinkerte, urbane Salem Mitte zu seinem Glück.
Nicht jeder ist begeistert von der Aussicht, dass Salem vom Erholungsort zum Schwerpunkt für Industrie und Gewerbe mutiert (Stichwort: Regionalplan).
Nicht jeden lässt die Aussicht auf noch mehr LKW- Verkehr durch unsere Orte ruhig schlafen.
Nicht jeder ist zufrieden mit dem Schulessen angesichts der breiten Verweigerung der Schüler.
Und sicher nicht jeder findet es richtig, dass Salem Mitte mit seinen Stadtvillen zu einem Wohnquartier wird, das sich die meisten Salemer Bürger gar nicht mehr leisten können.
Manch einer von uns Gemeinderäten entdeckt auch aufgrund seiner Neigung und seinem persönlichen Wissen Schwachstellen im Konzept.
Das könnte man durchaus auch positiv sehen, denn wenn man Schwachpunkte frühzeitig erkennt und bearbeitet, besteht die Möglichkeit, das eine oder andere noch auszubügeln.
Durch alternative Ansätze hat man die Chance weiter zu kommen, vernetzter zu planen. Vielleicht sogar nachhaltiger zu werden – dringend notwendig in unseren Augen!
Was hat Salem im Bereich Klima‑, Umwelt- und Naturschutz schon vorzuweisen? Da tut sich in umliegenden Gemeinden wesentlich mehr.
Welchen Anteil an bezahlbarem Wohnraum haben wir mit der ganzen neuen Bebauung geschaffen – für Salemer Bürger? Da lohnt es sich schon mal genau hin zu schauen.
Solch unterschiedliche Vorstellungen müssen diskutiert und zusammengeführt werden, um das wirklich Beste (für Salem) zu erreichen.
Dieser Vorgang ist gelebte Demokratie und die ist bei uns in der Verfassung niedergelegt. Deshalb gibt es einen Gemeinderat.
Die politischen Antworten auf die Anforderungen unserer Zeit, von sozialer Sicherheit bis hin zu Klimawandel und Insektensterben, sind auch auf kommunaler Ebene nicht einfach zu finden und verlangen kontroverse Diskussionen.
Wir erachten diese Art von konstruktiver Politik für das Wohl von Salem zielführender, als eine perfekt inszenierte Außendarstellung!
Denn der ausschließliche Fokus auf Außendarstellung birgt die Gefahr in sich, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren – weil es gerade nicht ins schön ausgemalte Konzept passt.
Salem, 4.2.19
Ulrike Lenski
Gemeinderätin der GOL
Bergstraße 30 / 88682 Salem-Mittelstenweiler
Petra Karg
Gemeinderätin der GOL
Kapellenweg 8 / 88682 Salem-Neufrach