Fraktionserklärung zum Medizin Campus Bodensee

Für die Grüne Fraktion: Prof. Dr. Silvia Queri

Sehr geehr­ter Herr Landrat, Mitarbeiter:innen der Verwaltung,
Kolleginnen und Kollegen, Vertreter:innen der Presse,

sehr ver­ehr­te anwe­sen­de Bürger:innen und Bürger,

§ 3 des Krankenhausgesetzes Baden-Württemberg ver­pflich­tet die Landkreise, die sta­tio­nä­re medi­zi­ni­sche Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger sicher­zu­stel­len.
Diese Verantwortung tra­gen wir (auch die finan­zi­el­le!) – und wir zie­hen uns auch nicht aus ihr zurück.
Verantwortung bedeu­tet im Sinne des Gesetzes, eine Versorgung zu orga­ni­sie­ren, die bedarfs­ge­recht, qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig und finan­zi­ell trag­fä­hig ist – dort, wo sie medi­zi­nisch sinn­voll und wirt­schaft­lich ver­ant­wort­bar ist.

Über vie­le Jahrzehnte hat die Stadt FN in die­sem Bereich eine beson­de­re Rolle über­nom­men.
Dank einer Sondersituation konn­te sie die Trägerschaft und Finanzierung der Klinik stem­men und über Jahre hin­weg auch die ste­tig wach­sen­den Defizite aus­glei­chen.
Dafür gilt ihr unser aus­drück­li­cher Dank. Nun aber ist klar: Diese finan­zi­el­le Basis ist erschöpft und die Stadt möch­te die Trägerschaft mög­lichst sofort an den Landkreis übergeben.

Unabhängig von den recht­li­chen Argumenten in der Vorlage sehen wir dar­in jedoch nicht den rich­ti­gen Weg. Denn damit wür­den wir auch unse­re eige­ne Handlungsfähigkeit gefähr­den. 
Das wäre außer­dem nur eine Art Notlösung – nötig ist aber ein grö­ße­rer Wurf.

Wir brau­chen eine Neuplanung für die gan­ze Region.
Jetzt ist die Stunde, nicht in alte Strukturen immer wie­der neu­es Geld zu inves­tie­ren, son­dern die Chance zu nut­zen ein zukunfts­fä­hi­ges, in der Region abge­stimm­tes Versorgungskonzept zu ent­wi­ckeln.
Ein Konzept, das im Einklang steht mit den Zielen der Krankenhausreform des Bundes, denen wir aus­drück­lich zustim­men: Leistungen dort bün­deln, wo die Expertise vor­han­den ist und die Nachfrage gesi­chert ist. Doppelstrukturen abbau­en, Konkurrenz ver­mei­den.
Und die Realität aner­ken­nen: Ambulantisierung, Fachkräftemangel, demo­gra­fi­scher Wandel – all das ver­än­dert die Krankenhauslandschaft gera­de grundlegend.

Die Lage ist wirk­lich ernst – es muss etwas pas­sie­ren. Nur rund fünf Prozent der Kliniken in Baden-Württemberg erwar­ten laut einer Umfrage der Krankenhausgesellschaft für 2025 schwar­ze Zahlen – sieb­zig Prozent rech­nen mit einem Defizit.
Die Landesregierung hat die Investitionsmittel zwar auf 150 Millionen Euro erhöht,
doch die Betriebsfinanzierung bleibt ange­spannt: Inflation, stei­gen­de Personalkosten, unbe­setz­te Betten – all das bringt die Häuser in Schieflage.

Es herr­schen aber auch poli­tisch schwie­ri­ge Rahmenbedingungen.
Die gro­ße Krankenhaus-Reform von Lauterbach ist letz­te Woche von der neu­en Ministerin in Form des Krankenhaus-Anpassungsgesetzes noch ein­mal nach­ge­bes­sert wor­den.
Aber es eröff­nen sich aktu­ell auch Chancen: durch Mittel aus dem Krankenhaus-Transformationsfonds wird jetzt gera­de so eine Neuordnung in grö­ße­re Versorgungsverbünde extrem förderwürdig.

Wir begrü­ßen des­halb aus­drück­lich, dass das Markterkundungsverfahren nun gemein­sam in Angriff genom­men wird. Es muss nun etwas Nachhaltiges ent­ste­hen! Eine Regelinsolvenz hal­ten wir dage­gen für den fal­schen Weg. Sie wür­de die Diskussion auf die kurz­fris­ti­ge Sanierung eines ein­zel­nen Hauses ver­en­gen, anstatt den Blick auf die gesam­te Versorgungsstruktur zu rich­ten. Die gemein­sa­me Planung in der Region, v.a. mit Ravensburg kann eine sinn­vol­le Aufteilung der Leistungsgruppen bzw. Levelregelung zum Ergebnis haben, die alle künf­tig ver­blei­ben­den Häuser in die Lage ver­setzt, effi­zi­ent und qua­li­täts­ori­en­tiert zu arbeiten.

Wir wis­sen aber auch: Es wer­den inten­si­ve Beratungen nötig sein – über Finanzierungsmodelle, ver­schie­de­ner Trägerformen, künf­ti­ge Leistungsspektren etc.
All das wird uns in den kom­men­den Monaten beglei­ten, in denen wir – Stadt und Landkreise gemein­sam – kon­kre­te Vorstellungen über Angebote, Standorte, ihre finan­zi­el­le Absicherung und mög­li­che Gesellschafterformen ent­wi­ckeln müssen.

Wir begrü­ßen aus­drück­lich, dass die­se Gespräche und Verhandlungen nun kon­kre­ter wer­den –und wir unter­stüt­zen den in der Beschlussvorlage genann­ten Zeitplan.

Das heißt auch: Die wirk­lich wich­ti­gen Beschlüsse kom­men erst noch.
Und selbst­ver­ständ­lich behal­ten wir uns unab­hän­gig von unse­rer Zustimmung heu­te vor, jeden ein­zel­nen davon kri­tisch zu prüfen.

Als zen­tra­le Gelingensbedingung für den kom­men­den Prozess möch­te ich vor allem Transparenz und Vertrauennen­nen und dem LR an die­ser Stelle aus­drück­lich für sei­ne trans­pa­ren­te und unauf­ge­reg­te Informationspolitik dan­ken –
ein­schließ­lich der Situationen, in denen man ver­ständ­li­cher­wei­se nicht sofort alles erfährt, weil ver­trau­li­che bila­te­ra­le Gespräche geführt wer­den müs­sen.
Allen ist doch bewusst, dass das Thema Krankenhaus ein sen­si­bles Thema ist –
eines, das Patientinnen, Patienten und Beschäftigte schnell ver­un­si­chern kann.
Umso wich­ti­ger ist es, sach­lich zu blei­ben und pro­fes­sio­nell und geschlos­sen zu kommunizieren.

Unser gemein­sa­mes Ziel bleibt:
die sta­tio­nä­re medi­zi­ni­sche Versorgung der Menschen im Kreis nach­hal­tig sicher­zu­stel­len
und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kliniken attrak­ti­ve, siche­re Arbeitsplätze anzubieten.

Wir sind erleich­tert, dass mit der heu­te vor­lie­gen­den Beschlussvorlage ein Weg auf­ge­zeigt wird, wie die gemein­sa­me Neuordnung der Versorgung nun ange­gan­gen wer­den kann –
und dass end­lich kon­kre­te Modelle erar­bei­tet und den poli­ti­schen Gremien vor­ge­legt werden.

Die Grüne Fraktion stimmt die­ser Beschlussvorlage mehr­heit­lich zu.
Die Hauptarbeit liegt also noch vor uns.
Wenn wir sie kon­struk­tiv und mit gegen­sei­ti­gem Vertrauen ange­hen,
kön­nen wir nicht nur Zeit spa­ren, son­dern auch bes­se­re Ergebnisse erzie­len –
für die Menschen, um die es geht.

Ich dan­ke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.