Ein Gemeindehaushalt ist ja eigentlich eine ernste Sache. Dennoch möchte ich mit einem Augenzwinkern beginnen: Der Haushaltsplanentwurf ist für uns jedes Jahr ein Highlight der langen Winterabende. Mehrere Hunderte Seiten mit Zahlen und Zusammenfassungen wollen durchgearbeitet und verstanden werden, die Entwicklungen im Verlauf der Jahre sind zu analysieren. Sowie die Abbildung der zukünftigen Investitionen beurteilt werden. Ich danke der gesamten Verwaltung für die Ausarbeitung dieses Werkes. Ich danke insbesondere Ihnen, Herr Kowollik, dass Sie uns kürzlich in einem meeting an Ihrem Feierabend für all unsere Fragen zur Verfügung standen und uns viele einzelne Posten erklärt haben.
Wir als Offene Grüne Liste tragen diesen Entwurf zum Haushaltsplan mit und werden keine Anträge für weitere Ausgaben stellen.
Dennoch möchte ich einiges Grundsätzliches sagen zur Entwicklung in den letzten Jahren, zur Erfahrung mit der doppischen Haushaltsführung und den Ausblicken auf die Zukunft.
Zwei Dinge sind in den letzten Jahren festzustellen und für die Analyse zu berücksichtigen:
Gegenüber den Planansätzen sind die Aufwendungen eher stabil, also die Ausgaben für die Kernaufgaben: Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, Wasser und Abwasser, Breitband, Strassen, der Kinderbetreuung und Schule, Feuerwehr, Erhalt des Gebäudebestandes sowie die gesamte Verwaltungstätigkeit. Diese nehmen stabil und kontinuierlich zu und sind eher vorhersehbar und planbar.
Die Erträge aber sind volatil und schwankend, was natürlich die Beurteilung eines Planes für ein zukünftiges Haushaltsjahr schwierig macht. Bei stets steigenden Aufwendungen lassen sich die gegenüberzustellende Erträge eben nicht so sicher vorhersagen. So lassen sich nur im Rückblick aufgrund der tatsächlichen Haushaltsabschlüsse dann allerdings genauere Aussagen über alle Entwicklungen im Haushalt herleiten.
Wenden wir deshalb einmal den Blick auf die Ertragssituation der Gemeinde Langenargen, die Erträge im Zeitraum der Jahre 2010 bis 2020, dem letzten Abschluss.
Die Erträge wurden und werden im wesentlichen bestimmt durch die Einnahmen von Grundsteuer, Gewerbesteuer, den Einkommenssteueranteil, Umsatzsteuer und Schlüsselzuweisungen des Landes. Nimmt man einmal diese Ertragsarten zusammen, so addieren sie sich im Jahr 2010 auf ca. 8,6 Millionen, im Jahr 2020 auf ca. 14,4 Millionen Euro. Dies entspricht einer Steigerung bei diesen Erträgen von etwa 67% innerhalb von 10 Jahren. Im gleichen Zeitraum ist der Lebenshaltungsindex indes nur um ca. 15% gestiegen. Bedeutet also, wir hatten im kommunalen Haushalt in diesen Jahren überdurchschnittliche Zuwächse im Ertrag. Die Zuwächse im wesentlichen durch zunehmenden Einkommenssteueranteil und Gewerbesteuereinnahmen. Die Gemeinde konnte also über diese 10 Jahre auf eine gute und wachsende finanzielle Ausstattung für ihre Aufwendungen zurückgreifen. Sie liegt bei der Steuerkraftsumme im vorderen Bereich der Kommunen im Bodenseekreis.
Die große Frage ist nun, ob dies so weitergeht. Wie werden die Auswirkungen der Pandemie sich auf die Haushalte von Bund und Land auswirken? Wie wird dies auf die Kommunen zurückschlagen? Wie werden dadurch Förderprogramme beeinflußt, auf die die Kommunen für ihre Entwicklung für die Zukunft angewiesen sind? Wie werden sich die Einnahmen durch Gewerbesteuer und Einkommenssteuer entwickeln? Weiter nach oben zeigen? Oder aber:
In den Erläuterungen zum Haushaltsplanentwurf sind die Entwicklungen auf der Einnahmenseite richtigerweise als „unsicher“ dargestellt. Sie sind Zitat „konservativ veranschlagt“. Und demgegenüber auch: „…ist es erforderlich, weiterhin die Ansätze für Aufwendungen sparsam zu planen… Aufgabenmehrungen sollten auch für die vor uns liegenden Jahre sehr kritisch betrachtet werden.“
Die Offene Grüne Liste unterstützt ausdrücklich diese vorsichtige Sicht- und Handlungsweise der Verwaltung.
Ebenso sind wir aber auch einig im klaren Bekenntnis, die notwendigen Investitionen zu leisten, sei es Feuerwehrhaus, Sanierung Schlossgarage, Schloss, Aufwendungen Klimaschutz, Digitalisierung, möglicher Ankauf von Grund und Wohnungen uvm… Im unbedingt nötigen Fall auch mit vorübergehender Kreditaufnahme.
Einige Gedanken zur allgemeinen Erfahrung mit der doppischen Haushaltsführung:
Generationengerechtigkeit war die wesentliche Intention bei der Einführung der doppischen Haushaltsführung. Dies sollte im wesentlichen durch die Erwirtschaftung der Abschreibungen aus Investitionstätigkeit erfolgen. Dieses Ziel ist richtig und wichtig. Andere Aspekte, die bei der Einführung der Doppik genannt wurden, sehe ich aber als fragwürdig an:
Transparenter ist die Haushaltsführung im Gegensatz zu den Versprechungen aus meiner Sicht nicht.
„Output-orientierte“ Darstellung von „Produkten“ um Haushaltsplan sehe ich ebenso nicht gegeben, zu mindestens sind sie für mich nicht sichtbar. Ebenso soll durch den Haushaltsplan festgestellt werden, Zitat „Welche wesentlichen Ziele und Strategien die Gemeinde verfolgt“. Auch hier bleibe ich durchaus ratlos.
Die „politische Steuerungsfunktion“ in einem doppischen Haushalt ist für mich eher verborgen anhand der dominierenden Ausgabenposten für die Kernaufgaben, die eben stets geleistet werden müssen, und den volatilen Einnahmen, die eben schwierig planbar sind.
Hier muss aus meiner Sicht deshalb die Politik, der Gemeinderat und die Verwaltung, in Kontakt mit den Einwohnern, die großen Elemente ins Auge fassen, wie Sie Herr Kowollik dies genannt haben. Die großen Elemente der Richtungsbestimmung für ein gutes Leben und Wohnen in einer Gemeinde. Im Rahmen der Haushaltsplanung, aber mit klarer Zielorientierung.
Ich glaube, dass wir hier derzeit einen Aufbruch gemacht haben. Mit der Verabschiedung des Gemeindeentwicklungskonzeptes, dazu mit jetzt konkreter Herangehensweise an das Thema Bauen und Wohnen, und auch die Themen Verkehr und Tourismuskonzept sollen aufgegleist werden. Nachdem all diese Themen in den zurückliegenden Jahren sehr zäh und träge vor sich hinkrochen, und wir kaum vorwärts gekommen sind, habe ich das Gefühl, dass wir jetzt Fahrt aufnehmen.
Und das ist auch gut so. Das sind wir der Entwicklung Langenargens für die Zukunft schuldig.
Und die Aufgaben sind groß.
Lieber Herr Kowollik,
auch Ihre Aufgaben als Kämmerer sind groß und schwierig. Deshalb, wieder mit einem Augenzwinkern, eine kleine Aufmunterung:
Ein bekanntes Gedicht endet so: „Denn wenn Du denkst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“
Drei große Porzellanarbeiten von Ginori, gefunden in einer Abstellkammer von Schloss Montfort, die sich plötzlich im Eigentum der Gemeinde und in der Bilanz wiederfanden. Ich glaube, der Haushalt in Langenargen ist dadurch endgültig gesichert. Lassen Sie uns also gemeinsam ausschwärmen, um in verborgenen Kammern, aber auch im gesamten Ort, in seiner Lage in Natur, See und Bergen, und in den Menschen, die Schätze Langenargens zu heben.